Julia Child fünf Jahre vor ihrem Tod umgeben von Köchen in Toronto. |
Institution der amerikanischen Kochkultur.
Vor 100 Jahren wurde die amerikanische Köchin Julia Child geboren
Von Beatrix Novy (Deutschlandfunk)
Französische Menüs statt Dosenkost: Julia Childs nahm mit ihrem
Kochbuch "Mastering the Art of French Cooking" den amerikanischen Hausfrauen
die Angst vor Herausforderungen in der Küche.
1961: Ganz Amerika ernährt sich nach den Rezepten landläufiger Kochbücher;
sie heißen "Die 10-Minuten-Mahlzeit" oder "Das
Dosenöffner-Kochbuch". Dann reißt der Himmel auf: Ein neues, ganz anderes
Kochbuch kommt auf den Markt: "Mastering the Art of French Cooking" -
"Die Kunst der französischen Küche meistern", von Julia Child. Sofort
stürmen die Leute die Buchläden; Amerikas Hausfrauen verlieren ihre Scheu vor
frischem Gemüse, Schalentieren, mehrgängigen Menüs, eine bisher ungekannte
Esskultur hält Einzug.
Ganz so war es dann doch nicht. Aber um populäre Personen dichten sich die Mythen von selbst. Auch um Julia Child, der bei ihrer Geburt am 15. August 1912 im kalifornischen Pasadena keiner vorausgesagt hätte, dass sie ausgerechnet als berühmteste Kochbuchautorin und Fernsehköchin der USA in die Geschichte eingehen würde.
"Sie kam in einer Familie zur Welt, in der das Wort "Dinner" durchgegartes Lamm in Minzsauce mit Kartoffeln bedeutete."
schrieb der BBC-Journalist Leonard Miall, der einige Anekdoten aus seiner langen Freundschaft mit Julia Child zu erzählen wußte. Zum Beispiel über ein Dessert, für das sie eigentlich keine Zeit mehr gehabt hatte.
"Es entpuppte sich als Vanille-Eis aus dem örtlichen Supermarkt, mit etwas Bourbon begossen und bestreut mit Instant-Kaffee. Es war köstlich. Ich kann es sogar selbst zubereiten."
Genau so stellt man sich Julia Child vor: bodenständig und pragmatisch. Ätherische Anwandlungen verboten sich bei ihrer stämmigen Statur und ihren 1,88 Metern Größe von allein. Sogar fürs Militär war sie zu hochgewachsen, wie sie 1942 erfahren musste, als sie sich für das Vaterland nützlich machen wollte. Sie wurde schließlich als Sekretärin im Geheimdienst eingesetzt, wo sie einen Landkartenzeichner kennenlernte und heiratete: den Künstler und Kosmopoliten Paul Child. Mit ihm betrat sie, inzwischen 34 Jahre alt, die Welt der Esskultur. Er führte sie in jenes Pariser Restaurant, das ihr ein Erweckungserlebnis bescherte: Austern à la Portugaises, Sole meunières in normannischer Butter, Crème fraiche.
"Ich war nicht einfach verliebt. Ich war für ungefähr fünf Jahre völlig hysterisch!"
So wurde - neben Paul Child - die französische Küche Julia Childs große Liebe: In zehn Jahren Arbeit entstand "Mastering the Art of French Cooking" - was die Vorkenntnisse der amerikanischen Hausfrau betraf, gab sich Julia Child keinen Illusionen hin. Das Buch wurde zu einem frühen Symbol der revolutionären 60er-Jahre:
"Die Pille war erfunden worden. Und das erste Julia Child-Kochbuch kam auf den Markt. Jetzt hatten alle Sex. Und wenn der Sex vorbei war, kochte man etwas."
schrieb die kürzlich verstorbene Regisseurin Nora Ephron, die in ihrem Film "Julie und Julia" der verehrten Küchenmeisterin ein Denkmal setzte. Seit 1963 war Julia Child in unzähligen Fernseh-Kochshows zur nationalen Institution geworden.
"Well that didn't go very well. See, when I flipped it I didn't have the courage to do it the way I should have. But you can always pick it up and if you're alone in the kitchen ..who's going to see?"
Ein Omelette, beim Wenden vor der Kamera auf den Boden gefallen und heiter wieder in die Pfanne gesammelt mit den Worten "Sieht doch keiner!" - solche spontanen Momente machten Julia Child unsterblich. Eine Mini-Oper wurde ihr gewidmet, das Museum Smithsonian in Washington nahm ihre Küche als amerikanisches Kulturerbe in die Sammlung auf.
"I'm very proud indeed that this wonderful institution, the Smithsonian, wants my kitchen and I am very happy to donate it to them."
Julia Child warb zeitlebens für die Lust am Essen und für alles, was ihm Geschmack verleiht - unter anderem der großzügiger Gebrauch von Butter und Sahne. Wie sie mit den geschmackshomogenisierten Produkten der US-Nahrungsindustrie französisch kochen konnte, bleibt rätselhaft. Ob sie den Zusammenhang zwischen Null-Kalorien-Produkten und verbreiteter Fettleibigkeit, zwischen Diätterror und Riesenpizzen durchschaute oder nicht - ein entspanntes Verhältnis zum Essen hat sie die Mehrheit ihrer Landsleute nicht lehren können. Am 13. August 2004 starb Julia Child, fast 92-jährig. Den Aufschwung einer neuen, von Einwanderertraditionen geprägten amerikanischen Küche durfte sie noch erleben: als sie, schon über 80, zusammen mit jungen Köchen im Fernsehen auftrat.
"Bon appétit! This is Julia Child!"
Ganz so war es dann doch nicht. Aber um populäre Personen dichten sich die Mythen von selbst. Auch um Julia Child, der bei ihrer Geburt am 15. August 1912 im kalifornischen Pasadena keiner vorausgesagt hätte, dass sie ausgerechnet als berühmteste Kochbuchautorin und Fernsehköchin der USA in die Geschichte eingehen würde.
"Sie kam in einer Familie zur Welt, in der das Wort "Dinner" durchgegartes Lamm in Minzsauce mit Kartoffeln bedeutete."
schrieb der BBC-Journalist Leonard Miall, der einige Anekdoten aus seiner langen Freundschaft mit Julia Child zu erzählen wußte. Zum Beispiel über ein Dessert, für das sie eigentlich keine Zeit mehr gehabt hatte.
"Es entpuppte sich als Vanille-Eis aus dem örtlichen Supermarkt, mit etwas Bourbon begossen und bestreut mit Instant-Kaffee. Es war köstlich. Ich kann es sogar selbst zubereiten."
Genau so stellt man sich Julia Child vor: bodenständig und pragmatisch. Ätherische Anwandlungen verboten sich bei ihrer stämmigen Statur und ihren 1,88 Metern Größe von allein. Sogar fürs Militär war sie zu hochgewachsen, wie sie 1942 erfahren musste, als sie sich für das Vaterland nützlich machen wollte. Sie wurde schließlich als Sekretärin im Geheimdienst eingesetzt, wo sie einen Landkartenzeichner kennenlernte und heiratete: den Künstler und Kosmopoliten Paul Child. Mit ihm betrat sie, inzwischen 34 Jahre alt, die Welt der Esskultur. Er führte sie in jenes Pariser Restaurant, das ihr ein Erweckungserlebnis bescherte: Austern à la Portugaises, Sole meunières in normannischer Butter, Crème fraiche.
"Ich war nicht einfach verliebt. Ich war für ungefähr fünf Jahre völlig hysterisch!"
So wurde - neben Paul Child - die französische Küche Julia Childs große Liebe: In zehn Jahren Arbeit entstand "Mastering the Art of French Cooking" - was die Vorkenntnisse der amerikanischen Hausfrau betraf, gab sich Julia Child keinen Illusionen hin. Das Buch wurde zu einem frühen Symbol der revolutionären 60er-Jahre:
"Die Pille war erfunden worden. Und das erste Julia Child-Kochbuch kam auf den Markt. Jetzt hatten alle Sex. Und wenn der Sex vorbei war, kochte man etwas."
schrieb die kürzlich verstorbene Regisseurin Nora Ephron, die in ihrem Film "Julie und Julia" der verehrten Küchenmeisterin ein Denkmal setzte. Seit 1963 war Julia Child in unzähligen Fernseh-Kochshows zur nationalen Institution geworden.
"Well that didn't go very well. See, when I flipped it I didn't have the courage to do it the way I should have. But you can always pick it up and if you're alone in the kitchen ..who's going to see?"
Ein Omelette, beim Wenden vor der Kamera auf den Boden gefallen und heiter wieder in die Pfanne gesammelt mit den Worten "Sieht doch keiner!" - solche spontanen Momente machten Julia Child unsterblich. Eine Mini-Oper wurde ihr gewidmet, das Museum Smithsonian in Washington nahm ihre Küche als amerikanisches Kulturerbe in die Sammlung auf.
"I'm very proud indeed that this wonderful institution, the Smithsonian, wants my kitchen and I am very happy to donate it to them."
Julia Child warb zeitlebens für die Lust am Essen und für alles, was ihm Geschmack verleiht - unter anderem der großzügiger Gebrauch von Butter und Sahne. Wie sie mit den geschmackshomogenisierten Produkten der US-Nahrungsindustrie französisch kochen konnte, bleibt rätselhaft. Ob sie den Zusammenhang zwischen Null-Kalorien-Produkten und verbreiteter Fettleibigkeit, zwischen Diätterror und Riesenpizzen durchschaute oder nicht - ein entspanntes Verhältnis zum Essen hat sie die Mehrheit ihrer Landsleute nicht lehren können. Am 13. August 2004 starb Julia Child, fast 92-jährig. Den Aufschwung einer neuen, von Einwanderertraditionen geprägten amerikanischen Küche durfte sie noch erleben: als sie, schon über 80, zusammen mit jungen Köchen im Fernsehen auftrat.
"Bon appétit! This is Julia Child!"
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