Jahrmarkt "Das war in München beim Oktoberfeste, da die Theresienwiese voll vom Schrein und Schwall der Schauer ist. Da bunte Gäste aus der Provinz der Kunst der Rindermäste verständnisvoll ein Mundvoll Worte leihn. Die kleinen Mädchen, flüchtig ihrem Neste, durchschwirren keck den lauten Tag zu zwein, und Burschen mit der bunten Lodenweste und ziere Stadtherrn bengeln hinterdrein. Dazwischen drängen Wagen und betreßte urdumme Kutscher, blinzende Lakein, Fuhrleute dann, die in ihre längstgenäßte gepichte Kehle tüchtig spülen. Kein Verdroßner stört, und allen schiens das Beste, daß man sich prall und gar so prächtig preßte durch diese bauernbunten Budenreihn. Bier gabs und Wein in Strömen allerorten, und viel Verständge prüften dran; es ließ die Blume gelten der und der die Borten. Marktschreier prahlten an den Bretterpforten und priesen ihre Wunder weit mit Worten, als wären sie mit Noah und Konsorten zurückgekehrt ins echte Paradies.- An kleinern Ständen bot man Trauben, Torten und Würste aus; geduldige Hühner schmorten sich einen goldnen Panzer an am Spieß…“ aus „Jahrmarkt“, Rainer Maria Rilke, Oktober 1896 | |
siehe auch: Anke Gröner |
Samstag, 1. Oktober 2011
Oktober-Gedicht
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Ich wußte gar nicht, dass Rilke ein Gedicht über das Oktoberfest geschrieben hat - und wie: "und Burschen... BENGELN hinterdrein..." Köstlich!
AntwortenLöschenNachtrag: Und dass auch "ziere Stadtherrn" den Mädels hinterdreinBENGELN finde ich noch köstlicher!
AntwortenLöschenRilke ist Rilke, ist Rilke, ist Rilke...
AntwortenLöschen"geduldige Hühner schmorten
sich einen goldnen Panzer an am Spieß"
- das soll ihm mal einer nachmachen!