Freitag, 30. März 2012
Dienstag, 27. März 2012
Die Nullen einzeln
Die Nullen einzeln sind mir lieber
als zur Schlange an eine Ziffer gehängt.“
Wislawa Szymborska
Sonntag, 25. März 2012
Freitag, 23. März 2012
Etwas über die Seele
Die Seele hat man gelegentlich.
Niemand hat sie ohne Unterlass
und auf Dauer.
Tag um Tag,
Jahr um Jahr
kann ohne sie vergehen.
Nur in der Begeisterung
und den Ängsten der Kindheit
nistet sie sich manchmal auf länger ein.
Manchmal nur im Befremden,
dass wir alt geworden sind.
Selten begleitet sie uns
bei mühseligem Tun
wie Möbelrücken,
Kofferschleppen
oder weiten Wegen in engen Schuhen.
Beim Ausfüllen von Fragebögen
und Fleisch hacken
hat sie in der Regel frei.
Von tausend unserer Gespräche
beteiligt sie sich nur an einem,
und das auch nicht unbedingt,
denn sie liebt es zu schweigen.
Wenn unser Körper beginnt, uns mit Schmerzen zu plagen
stiehlt sie sich heimlich aus dem Dienst.
Sie ist wählerisch:
ungern sieht sie uns in der Masse,
unser Kampf um kleine Vorteile
und schnatternde Geschäfte.
widert sie an.
Freude und Trauer
sind für sie keine unterschiedlichen Gefühle.
Nur wenn sie sich verbinden,
wohnt sie uns bei.
Wir können auf sie zählen,
wenn wir uns keiner Sache sicher sind
und auf alles neugierig.
Von den materiellen Dingen
liebt sie Pendeluhren
und Spiegel, die beständig arbeiten,
auch wenn niemand hinschaut.
Sie sagt nicht, woher sie kommt
und wann sie uns wieder verlässt,
aber sie wartet offensichtlich auf diese Frage.
Es hat den Anschein,
dass so wie sie uns,
auch wir
sie zu etwas brauchen.
Donnerstag, 22. März 2012
Weltwassertag
Dienstag, 20. März 2012
Sonntag, 18. März 2012
Lots Frau
Lots Frau
Angeblich sah ich zurück aus Neugier.
Außer der Neugier hätt ich auch andere Gründe haben können.
Ich sah zurück, weil mir die Silberschale leid tat.
Versehentlich – als ich den Riemen festband an der Sandale.
Um nicht noch länger in den gerechten Nacken Lots, meines Mannes, zu blicken.
Aus plötzlicher Überzeugung, er hielte nicht einmal an,
wenn ich stürbe.
Aus Ungehorsam der Demutsvollen.
Auf die Verfolger lauschend.
Gerührt von der Stille, hoffend, Gott habe seinen Beschluss geändert.
Unsere beiden Töchter verschwanden hinter der Hügelkuppe bereits.
Ich spürte das Alter in mir. Die Entfernung.
Die Schläfrigkeit. Leere des Wanderns.
Ich sah zurück, als ich das Bündel zu Boden legte.
Ich sah zurück vor Angst, wohin die Schritte lenken.
Schlangen kreuzten den Weg,
Spinnen, Feldmäuse, Geierküken.
Weder Gutes noch Böses – einfach alles, was lebte, kroch
und hüpfte in Massenpanik.
Ich sah aus Verlassenheit zurück.
Aus Scham, ich hätte zu eilig die Flucht ergriffen.
Aus Lust, jetzt aufzuschreien, umzukehren.
Oder erst dann, als der Wind
meine Haare löste und das Kleid mir nach oben blies.
Ich meinte, man sehe es von den Mauern Sodoms
und lache schallend, einmal und wieder.
Ich sah zurück im Zorn.
Um mich zu weiden an ihrem großen Verderben.
Ich sah zurück aus allen oben genannten Gründen.
Ich sah zurück ohne eigenen Willen.
Es drehte sich, unter mir knarrend, der Fels nur.
Ein Erdspalt schnitt mir plötzlich den Weg ab.
Ein Hamster trippelte, auf zwei Pfötchen gereckt, am Rande.
Und eben da sahn wir zurück.
Nein, nein. Ich lief weiter,
ich robbte und flog hinauf,
bis vom Himmel die Dunkelheit fiel,
und mit ihr der heiße Kies und die toten Vögel.
Aus Atemnot drehte ich mehrmals mich um.
Wer das hätte sehen können, meinte vielleicht, daß ich tanze. Nicht ausgeschlossen, daß ich die Augen geöffnet hatte.
Möglich, daß mein Gesicht, als ich hinfiel, zur Stadt zurück sah.
Wislawa Szymborska
Freitag, 16. März 2012
Mittwoch, 14. März 2012
Montag, 12. März 2012
Du hast mir ...
Du hast mir Pyramidon gegeben,
Wenn ich Kopfweh hatte.
Du packtest mein liederliches Alltagsleben
In zarte Watte.
Du hattest für jedes Wehweh
Einen Tee.
…
Mascha Kaléko
Sonntag, 11. März 2012
Freitagabend in M's Küche
Freitag, 9. März 2012
Ingeborg Bachmanns Küche
Donnerstag, 8. März 2012
Am 8. März feiert Italien das "Festa della Donna"
Freitag, 2. März 2012
Morgen bist du noch da, Besticktes Buch & Eierlikör
gefragt, ob wohl alle Bücher bestickt
sind? Ich glaube nicht. Na jedenfalls
habe ich noch eine weiße Linie an
der Bank entlang dazu gestickt.
Über die Autorin
Mila Lippke, Jahrgang 1972, studierte Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften. Heute arbeitet sie als Fernsehautorin in Köln. Homepage der Autorin: www.mila-lippke.de & aktueller Blogeintrag: seitenspinnerinnen.de
Gerade hat sie auch herausgefunden, dass sie schwanger ist von einem verheirateten Mann, mit dem eine gemeinsame Zukunft kaum denkbar ist.
Jetzt versucht sie, ihre Vergangenheit zu finden. Sie selbst hat aus ihrer Sicht keine glückliche Kindheit gehabt. Einen Vater gab es nicht und die Mutter hat sie gerade so durchgebracht. Sie fragt ihre Mutter nach dem Vater, diese antwortet nicht. Am nächsten Tag erfährt sie, dass ihre Mutter einen Schlaganfall hatte und kaum sprechen kann.
Sie kümmert sich um die notwendigen Papiere, fährt deshalb nach Köln. Einmal in der Wohnung der Mutter versucht sie Antworten zu finden. Und sie erfährt Erstaunliches. Alle Informationen sind aber nur Puzzleteile, die noch lange kein Ganzes ergeben.
Parallel zu dieser Geschichte erfährt der Leser einiges über ein Mädchen, später eine junge Frau. Anscheinend handelt es sich hierbei um die Mutter. Deren Kindheitserinnerungen sind auch nur Bruchstücke, weil sie aus der Sicht eines kleinen Mädchens geschildert werden, die den größeren Zusammenhang nicht begreifen kann. Wichtig bei allem sind immer die Farben. Die Vielfältigkeit der Farben und deren Bezeichnungen sind ein wichtiges Thema zwischen dem Mädchen und dessen Mutter und auch Lio erfährt von ihrer Mutter viel über Farben.
Was Lio da ausgräbt ist Geschichte, nicht nur ihre, sondern ein Teil der Geschichte eines ganzen Volkes. Es ist erschreckend, wenn man erfährt, wie weit die Erfahrungen einer Generation auch noch Auswirkungen auf die nächste und die übernächste haben können. Das ist hier zwar Fiktion, aber so könnten Tausende es erlebt und weitergegeben haben. Die Vergangenheit ist nicht vorbei, sondern sie lebt in uns fort. Das hat die Autorin auf ganz eindrucksvolle Weise vermittelt." nach meldsebjon
Sonnenlicht dringt warm durch den Spalt zwischen den Holzbrettern vor den Fenstern.
Schöne Sätze:
Nadeln haben schon immer eine besondere Faszination auf mich ausgeübt: die magische Kraft der Nadel. Die Nähnadel dient dazu, Schaden wieder gut zu machen. Sie fleht um Vergebung.
Ich lege ihr beide Hände auf die Schultern, beuge mich vor, atme ihren vertrauten Geruch ein und flüstere ihr ins Ohr: „Morgen bist du noch da, Mama.“
Besticktes Buch
((_,»*¯**¯*«,_)) ((_,»*¯**¯*«,_))
Wir reichen heute: Eierlikör
((_,»*¯**¯*«,_)) ((_,»*¯**¯*«,_))
Donnerstag, 1. März 2012
März-Gedicht
Frühling
in grünem Knospenschuh;
"Er kam, er kam ja immer noch",
die Bäume nicken sich's zu.
nun treiben sie Schuß auf Schuß;
im Garten der alte Apfelbaum,
er sträubt sich, aber er muß.
und atmet noch nicht frei;
es bangt und sorgt: "Es ist erst März,
und März ist noch nicht Mai."
und die lange Winterruh:
es wagt es der alte Apfelbaum,
Herze, wag's auch du.