Der Engel ist aus Pappe, etwa fünfzehn Zentimeter hoch, durch eine in seinem Rücken befindliche flache Pappstütze aufstellbar.
Da steht er auf dem Reflektoriumstisch, hat große silberne Flügel, gelbe Haare fallen ihm auf die Schultern, er hält ein Buch in den Händen, hat ein angestrengt süßes, rosiges Gesicht.
An seine flache Brust, sein blau glitzerndes Gewand greift man, öffnet mit dem Fingernagel eines der überall verstreuten Fensterchen, jeden Tag eines, da zeigt sich Kindliches, ein Trompetchen, ein Röschen, ein Püppchen, ein Schächtelchen.
Dreiundzwanzig Adventstage und Weihnachten, aber es könnte auch anders sein, ein ganzes Jahr, das neue Jahr und hinter jedem Fensterchen das, was einen da erwartet, oder wenigstens ein Fenster für jeden Monat, und zitternd öffnet man die kleinen Läden.
So wie es auch sein könnte, dass ich die Agenda, die ich heute gekauft habe, nicht so fände, wie sie jetzt vor mir liegt, mit lauter weißen Seiten unter den Namen der Heiligen, vielmehr gefüllt mit Eintragungen meiner eigenen Hand. Mein Jahr, mein vorbestimmtes, und wer schreckt da nicht zurück? So als erwartete sich jeder, auch der keineswegs schwarzseherische Sterbliche nichts als Übel in den Fensterchen, zum Beispiel magere Kühe, schwarze Raben, bluttriefende Messer, das alte kleine Skelett.
Lieber auf Vorfreuden verzichten, als unerfreuliche Möglichkeiten ins Auge fassen, so daß auch ich es dabei lasse, bei den Röschen, Bärchen, Schächtelchen, und die Seiten der Agenda, noch ehe ich versucht habe, meine unleserliche Schrift zu entziffern, alle wieder weiß.
San Luciano Martire, Santa Romana Regina, San Tomaso d’Aquino, Santa Rosalia Vergine, San Matteo Apostolo und der König David, die alten Fürbitter in einem Kalender des Atomzeitalters, und auf den Kollonaden von Sankt Peter noch immer die tanzenden Heiligen, die der Angst, dem Unglauben, dem Aberglauben der heutigen Menschen ihre naive und unbeirrbare Heiterkeit entgegenstellen.
Da steht er auf dem Reflektoriumstisch, hat große silberne Flügel, gelbe Haare fallen ihm auf die Schultern, er hält ein Buch in den Händen, hat ein angestrengt süßes, rosiges Gesicht.
An seine flache Brust, sein blau glitzerndes Gewand greift man, öffnet mit dem Fingernagel eines der überall verstreuten Fensterchen, jeden Tag eines, da zeigt sich Kindliches, ein Trompetchen, ein Röschen, ein Püppchen, ein Schächtelchen.
Dreiundzwanzig Adventstage und Weihnachten, aber es könnte auch anders sein, ein ganzes Jahr, das neue Jahr und hinter jedem Fensterchen das, was einen da erwartet, oder wenigstens ein Fenster für jeden Monat, und zitternd öffnet man die kleinen Läden.
So wie es auch sein könnte, dass ich die Agenda, die ich heute gekauft habe, nicht so fände, wie sie jetzt vor mir liegt, mit lauter weißen Seiten unter den Namen der Heiligen, vielmehr gefüllt mit Eintragungen meiner eigenen Hand. Mein Jahr, mein vorbestimmtes, und wer schreckt da nicht zurück? So als erwartete sich jeder, auch der keineswegs schwarzseherische Sterbliche nichts als Übel in den Fensterchen, zum Beispiel magere Kühe, schwarze Raben, bluttriefende Messer, das alte kleine Skelett.
Lieber auf Vorfreuden verzichten, als unerfreuliche Möglichkeiten ins Auge fassen, so daß auch ich es dabei lasse, bei den Röschen, Bärchen, Schächtelchen, und die Seiten der Agenda, noch ehe ich versucht habe, meine unleserliche Schrift zu entziffern, alle wieder weiß.
San Luciano Martire, Santa Romana Regina, San Tomaso d’Aquino, Santa Rosalia Vergine, San Matteo Apostolo und der König David, die alten Fürbitter in einem Kalender des Atomzeitalters, und auf den Kollonaden von Sankt Peter noch immer die tanzenden Heiligen, die der Angst, dem Unglauben, dem Aberglauben der heutigen Menschen ihre naive und unbeirrbare Heiterkeit entgegenstellen.
Marie Luise Kaschnitz
"Tage, Tage, Jahre"
Rom, 20. Dezember 19..
Stimmt mich sehr nachdenklich...
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